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Die 'Beziehungskiste'
Sonntag, den 06. April 2003 um 18:45 Uhr

Das Ökosystem Aquarium und seine vielfältigen Beziehungen untereinander

 

Wenn der Wunsch nach einem Aquarium entsteht, macht sich der angehende Aquarianer häufig keine Gedanken um die einzelnen Faktoren, sondern er will seinen Wunsch möglichst schnell in die Tat umsetzen und kauft sich ein Aquarium mit Beleuchtung, Filter und Heizstab und sucht sich im schlimmsten Fall auch gleich die farblich passenden Fische aus, frei nach dem Motto: 'Einer von den Blauen, zwei Rote, ein Gestreifter usw'. Wenn er an einen guten Händler gerät, so bekommt er zusätzlich zur passenden Technik ein komplettes Konzept (z.B. von Dennerle: 'System für ein problemloses Aquarium' oder von Dupla: 'Das optimale Aquarium') und die Auflage einer zweiwöchigen Wartezeit bis zum Einsetzen der Fische. Hält sich der angehende Aquarianer daran, so bleiben ihm zumeist die ganz großen Katastophen erspart, mit denen ein Anfänger oft zu kämpfen hat.

 

Was aber wenn die ersten Probleme auftauchen, meist in Gestalt von Algen oder Fischkrankheiten? Wenn man sich dann blind auf Empfehlungen von Händlern verläßt, die nur ans Verkaufen denken, ist die Katastrophe dann meist vorprogammiert. Besser ist es, man wendet sich an erfahrene Aquarianer , z.B. in Aquarienvereinen oder in Newsgroups. Und dann wird es Zeit, daß man sich selbst intensiver mit den vielfältigen Faktoren eines Aquarium und ihrer Beziehung untereinander auseinander setzt, denn nur dann kann man ganz gezielt eingreifen.

 

Die Stabilität eines Aquariums ist vergleichbar mit einem Mobile: Sämtliche Komponenten müssen sorgfältig ausbalanciert werden. Gerät eine Komponente außer Kontrolle, so hat das fatale Auswirkungen auf das Gesamtsystem. Andererseits kann man aber auch durch das gezielte Ausrichten einer oder mehrerer Komponenten das Mobile so stabilisieren, daß es auch mal einen Windstoß aushält. Ich werde in den anderen Kapiteln immer wieder auf diese Mobile-Modellvorstellung zurückkommen.

 

In dem Schaubild habe ich die wichtigsten Komponenten eines Aquariums eingezeichnet:

 

Ökosystem Aquarium und seine Beziehungen

 

Nummer   

im Bild

Komponente Direkter Einfluß auf
1 Licht Pflanzenwachstum

Verhalten der Fische

2 Wasserchemie Pflanzenernährung und Pflanzenwachstum

Gesundheit der Fische und Wirbellosen

Abbauleistung der Filterbakterien

3 Futter Wachstum und Gesundheit der Fische und Wirbellosen

Nahrung für die Filterbakterien

Wasserchemie: organische Belastung

4 Pflanzen Atmung und Verhalten der Fische, Wirbellosen und Mikroorganismen

Wasserhygiene

Wasserchemie: O2, CO2, alle Ionen

5 Fische Pflanzennährstoffe

Verhalten anderer Fische

Wasserchemie: O2, CO2, NH3, organische Belastung

6 Schnecken Vertilgung von Futterresten

Wasserchemie: O2, CO2, NH3, organische Belastung

7 Garnelen Kurzhaltung von Algen (einige Arten)

Vertilgung von Futterresten

Wasserchemie: O2, CO2, NH3, organische Belastung

8 Bodengrund Siedlungssubstrat und Nährstoffdepot für Pflanzen

Wohlbefinden für gründelnde und grabende Fische

Siedlungsraum für Mikroorganismen

Wasserchemie: 'chemische Umwandlungsfabrik'

9 Ausscheidungen Belastung des Fischorganismus

Futter für Filterbakterien

Wasserchemie: NH3, organische Belastung

10 Turmdeckelschnecken   
Verhindert Faulen des Bodengrundes

Wasserchemie: O2, CO2, NH3, organische Belastung

11 Mulm Siedlungsraum und Nahrung für Mikroorganismen und Jungfische

Wasserchemie: 'chemische Umwandlungsfabrik', 'Entgiftung'

12 Filter Siedlungssubstrat für Filterbakterien

Umwandlung von Ausscheidungen in Pflanzennährstoffe

Reduzierung giftiger Ausscheidungsstoffe und deren Zwischenstufen

Verhindert Vergiftung der Fische und Wirbellose

Wasserchemie: 'chemische Umwandlungsfabrik', alle Ionen

13 Aquarianer Regulation aller Komponenten durch:

Beleuchtungsstärke und -Dauer

Einstellung der Wasserparameter wie GH, KH, LF, pH, Temperatur

Besatzstärke und Artauswahl der Fische und Wirbellose

Pflanzenauswahl und -Schnitt

Fütterung

Düngung (Mineraldünger und CO2)

Wasserhygiene durch Wasserwechsel

 

 

Was besonders auffällt ist, daß fast alle Komponenten einen direkten Einfluß auf die Wasserchemie haben, so daß diese Komponente die zentrale Balanceachse bei unserem 'Aquarium-Mobile' ist. Die Wasserchemie ist sozusagen der Aufhängefaden des Mobiles. Löst sich dieser vom Haken, d.h. läuft die Wasserchemie aus dem Rahmen, so fällt das Mobile herunter bzw. das System 'Aquarium' bricht zusammen. Daher kommt der Wasserpflege die zentrale Rolle zu mit dem Ziel, den Fischen optimale Wasserparameter zu bieten. Dabei ist zu berücksichtigen, daß jede Fischart und jede Wirbellosenart und jede Pflanzenart eigene 'Vorstellungen' davon hat, was 'optimale Wasserparameter' sind und wie eng die Grenzen gesteckt sind.

 

Die Wasserpflege fängt also bereits damit an, eine Fisch-, Wirbellosen- und Pflanzengemeinschaft zusammen zu stellen, für die die gewählten Wasserparameter des Aquariums nicht nur innerhalb der Grenzen des gerade noch Erträglichen liegen, sondern für alle Arten innerhalb des optimalen Bereichs.

 

Der zweite Schritt ist dann die 'Herstellung' der Grundparameter Temperatur, Gesamthärte, Karbonathärte, Leitfähigkeit, pH-Wert und Verhältnis Sauerstoffgehalt/ Kohlendioxidgehalt.

 

Als dritten Schritt muß das Wasser sauber gehalten werden, d.h. Verunreinigungen, die den Fischen, Pflanzen, Wirbellosen oder Filterbakterien schaden wie Ammoniak, Nitrit, Nitrat, Phosphat, Schwermetalle, organische Belastung, Keimbelastung usw., müssen entfernt werden.

 

Und schließlich müssen sämtliche benötigten Makro- und Mikronährstoffe, insgesamt ca. 20 Ionen, zugeführt werden und es muß dafür gesorgt werden, daß sie alle in der richtigen Konzentration und in einem bestimmten Konzentrations-Verhältnis zueinander vorliegen.

 

Und als letzten und wichtigsten Schritt muß dafür gesorgt werden, daß sämtliche Parameter konstant gehalten werden bzw. nur in den engen Grenzen des natürlichen Tag/Nacht- bzw. jahreszeitlichen Rhythmus langsam schwanken.

Zuletzt aktualisiert am Samstag, den 10. Juli 2010 um 22:54 Uhr